Reiserecht: Verbrauchergerichtsstand in Pauschalreiseangelegenheiten

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Andreas Mohr

 

Der EuGH hat im Pauschalreiserecht kürzlich eine wichtige und weitreichende Entscheidung zum Verbrauchergerichtsstand getroffen. Die Entscheidung dreht sich um die Frage, ob ein Verbraucher den Reiseveranstalter an seinem eigenen Wohnsitz verklagen kann, wenn er eine Pauschalreise ins Ausland bucht, obwohl beide im selben Land ansässig sind.

Grundsätzlich müssen Klagen am (Wohn-)Sitz des Beklagten eingereicht werden. Hiervon sehen die Prozessordnungen aber auch etliche Ausnahmen vor. Weist der Fall einen Auslandsbezug auf, ist zudem eine entsprechende EU-Verordnung einschlägig, welche regelt, an welchen Gerichten bestimmte Verfahren eingeklagt werden können.

In Fällen, in denen sowohl der Reisende, als auch der Reiseveranstalter ihren Sitz im selben Land haben, die Reise jedoch ins Ausland geht, wurde ein solcher Auslandsbezug von den deutschen Gerichten bisher fast ausnahmslos verneint. Es galt daher weiterhin der Grundsatz, dass am Sitz des Reiseveranstalters geklagt werden muss, was für den Reisenden mitunter mit großen Unannehmlichkeiten verbunden ist.

Der EuGH entschied nun im Sinne des Verbraucherschutzes. Bei einer Reise ins Ausland liege ein ausreichender "Auslandsbezug" vor, um die Anwendung der entsprechenden EU-Verordnung zu rechtfertigen. Das Ziel dieser Verordnung sei es, den Verbraucher als die oft wirtschaftlich und rechtlich unterlegene Partei zu schützen und sicherzustellen, dass er seine Ansprüche an einem Gericht geltend machen kann, das für ihn leicht erreichbar ist​.

Das Urteil stärkt die Rechte der Verbraucher, da sie nun auch in Fällen, in denen sowohl der Reiseveranstalter als auch der Verbraucher im gleichen Land ansässig sind, an ihrem eigenen Wohnsitz klagen können. Dies erleichtert es Verbrauchern, ihre Ansprüche durchzusetzen, ohne den oft weiten Weg zum Sitz des Reiseveranstalters in Kauf nehmen zu müssen.

An den Gerichten am Sitz der großen Reiseveranstalter dürfte die Zahl der Verfahren künftig deutlich zurückgehen, während an den Gerichten am Wohnsitz der Verbraucher ein entsprechender Anstieg erwartet wird.

 

Tipp: Im Einzelfall kann es gleichwohl sinnvoll sein, am Sitz des Reiseveranstalters zu klagen, da sich bei den dortigen Gerichten zu bestimmten Fragen bereits bestimmte Rechtsauffassungen herausgebildet haben. Diese können im Einzelfall für den Verbraucher auch vorteilhaft sein, was gegebenenfalls fachkundig abgeklärt werden sollte.