2023-05-10 11:30:00 - Reiserecht: Flugpreisrückzahlungen an ein insolventes Reisebüro – Gehen wir leer aus?

Reiserecht: Flugpreisrückzahlungen an ein insolventes Reisebüro – Gehen wir leer aus?
10.05.2023

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Andreas Mohr

 

Frage: Wir hatten „vor Corona“ Flüge über ein Reisebüro gebucht, die im Zuge der Pandemie annulliert wurden. Die Airline hat die Flugkosten an das Reisebüro zurückgezahlt. Dieses musste jedoch Insolvenz anmelden, bevor es die Zahlung an uns weiterleiten konnte. Die Airline weigert sich, uns die Flugkosten zu erstatten, da man sie ja schon an das Reisebüro zurückgezahlt habe. Müssen wir uns tatsächlich an das insolvente Reisebüro halten und unsere Forderung zur Insolvenztabelle anmelden?

 

Antwort: Die Corona-Pandemie hatte in vielen Lebens- und Rechtsbereichen gravierende Auswirkungen. Gerade auch das Reiserecht war hiervon stark betroffen. Da zeitweise so gut wie alle Flüge annulliert waren, mussten die Airlines unzähligen Kunden die vorab bezahlten Flugkosten zurückzahlen. Etliche Airlines zahlten diese jedoch nicht direkt an den Kunden zurück, sondern an das Reisebüro, das die Flüge vermittelt hatte. Die Reisebüros leiteten das Geld dann an den Kunden weiter. In einigen Fällen scheiterte die Weiterleitung jedoch tatsächlich daran, dass das Reisebüro zwischenzeitlich Insolvenz angemeldet hatte. In diesen Fällen stellt sich sodann die Frage, wer dieses Insolvenzrisiko trägt: der Fluggast oder die Airline?

Das Landgericht Frankfurt hat nun - in einem von uns erstrittenen Urteil - in zweiter Instanz festgestellt, dass die Airline die Flugkosten (erneut) an den Kunden zahlen muss. Durch die Zahlung der Flugkosten an das Reisebüro ist keine Erfüllung eingetreten. Denn Erfüllung tritt erst ein, wenn die Zahlung dem Gläubiger zugeht. Gläubiger des Anspruchs auf Rückzahlung der Flugkosten ist aber nicht das Reisebüro, sondern natürlich der Fluggast, dessen Flug annulliert wurde.

Anders kann es sein, wenn der Fluggast das Reisebüro ausdrücklich ermächtigt hat, die Zahlung (mit Erfüllungswirkung) in Empfang zu nehmen. Das dürfte aber nur selten der Fall gewesen sein. Die bloße Bitte oder Aufforderung an das Reisebüro, die Flugkosten zu erstatten, stellt noch keine solche Ermächtigung dar.

Tatsächlich muss die Airline in solchen Fällen die Flugkosten also „doppelt“ zahlen. Sie kann sich ihrerseits zwar beim Reisebüro schadlos halten, muss ihre Ansprüche hierfür aber zur Insolvenztabelle anmelden.

Es ist nachvollziehbar, dass die Airlines die Rückzahlungen oft zunächst an die Reisebüros geleistet haben. Denn hierfür steht oft ein internes Zahlungs- und Abrechnungssystem zur Verfügung. Dies soll die Abwicklung der Zahlungsvorgänge vereinfachen, was insbesondere auch den Airlines zugutekommt. Dieser Vorteil rechtfertigt es jedoch nicht, dem Fluggast auch noch das Insolvenzrisiko des Reisebüros aufzubürden.

 

Tipp: Wessen Ansprüche ebenfalls von dieser Thematik betroffen sind, sollte prüfen lassen, ob noch eine Geltendmachung möglich ist, gerade im Hinblick auf die Ende des Jahres drohende Verjährung.