Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Andreas Mohr
Frage: Ich bin vor rund zwei Jahren schwer erkrankt. Als klar wurde, dass ich meinen Beruf dadurch länger nicht mehr würde ausüben können, habe ich bei meiner Berufsunfähigkeitsversicherung einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente gestellt. Die Prüfung der Versicherung dauerte jedoch sehr lange. In der Zwischenzeit konnte meine Berufsfähigkeit zum Glück durch verschiedene Therapie- und Rehamaßnahmen wiederhergestellt werden. Die Versicherung erkannte den Anspruch auf Zahlung einer Rente letztlich auch an, jedoch nur befristet bis zum Wegfall der Berufsunfähigkeit. Ist das zulässig?
Antwort: Stellt der Versicherungsnehmer einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente, sind dem Versicherer erst einmal umfangreiche Auskünfte zur Erkrankung und zum Berufsbild zu erteilen, etwa durch entsprechende Auskünfte der behandelnden Ärzte sowie medizinische Unterlagen. Ergibt sich danach, dass Berufsunfähigkeit vorliegt, ist der Versicherer verpflichtet, ein Anerkenntnis abzugeben und die Rente zu bezahlen. Nun kann es aber vorkommen, dass die Berufsunfähigkeit bis zur Entscheidung des Versicherers wieder entfallen ist. Nicht selten geben Versicherer in solchen Fällen lediglich ein für die Vergangenheit befristetes Anerkenntnis ab und zahlen die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Berufsunfähigkeit tatsächlich (oder vermeintlich) wieder entfallen ist. Darüber, ob dies zulässig ist, waren sich die Gerichte bislang uneins.
Der BGH hat diese Rechtsfrage nun geklärt und festgestellt, dass ein solches rückwirkend befristetes Anerkenntnis nicht zulässig ist. Zwar darf das Anerkenntnis unter engen Voraussetzungen einmalig befristet werden. Die Befristung darf jedoch nur in der Zukunft liegende Zeiträume betreffen, z.B. wenn noch unklar ist, ob bereits Berufsunfähigkeit eingetreten ist, weil die Therapie noch nicht abgeschlossen ist. Dann kann der Versicherer u.U. ein befristetes – sozusagen vorläufiges – Anerkenntnis abgeben. In solchen zweifelhaften Fällen können beide Vertragsparteien ein Interesse an einer vorläufigen Entscheidung haben, bis die Frage der Berufsunfähigkeit abschließend geklärt ist.
Bei einer bereits in der Vergangenheit wieder entfallenen Berufsunfähigkeit, ist eine solche Unsicherheit aber gerade nicht (mehr) gegeben. Der Versicherungsfall ist eingetreten, mit der Folge, dass der Versicherer ein (unbefristetes) Anerkenntnis schuldet. An einer rückwirkenden Befristung hat dann nur noch der Versicherer ein Interesse. Wird in solchen Fällen trotzdem nur ein befristetes Anerkenntnis erteilt, ist die Befristung unwirksam.
In Ihrem Fall ist der Versicherer nicht bereits mit dem Ablauf der Befristung von seiner Zahlungspflicht befreit, sondern müsste hier erst noch ein sog. Nachprüfungsverfahren durchführen. Bis dahin besteht weiterhin ein Anspruch auf die Berufsunfähigkeitsrente.
Tipp: Die Berufsunfähigkeitsrente hat für die versicherte Person häufig eine existenzielle Bedeutung. Oft fehlt den betroffenen Personen aber die Zeit oder die Kraft, sich mit dem Versicherer über solche komplizierten rechtlichen Fragen zu streiten. Daher sollte im Zweifel rechtlicher Beistand gesucht werden, insbesondere, wenn die Versicherung nur ein befristetes Leistungsanerkenntnis abgegeben hat, da die Versicherung hier unter Umständen erhebliche Beträge nachzahlen muss.