Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Andreas Mohr
Frage: Durch eine undichte Silikonfuge im Bad ist uns ein Wasserschaden entstanden. unsere Versicherung weigert sich aber, die Trocknungs- und Reparaturkosten zu erstatten. Es handle sich nicht um ein versichertes Ereignis. Muss die Versicherung uns den Schaden ersetzen?
Antwort: Eine „Leitungswasserversicherung“ (meist Bestandteil einer Gebäude- oder Hausratversicherung) bietet unter anderem Schutz gegen Nässeschäden, also solche Schäden, die durch bestimmungswidrig ausgetretenes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden. Dies in aller Regel aber nur, wenn das Leitungswasser z.B. aus Rohren der Wasserversorgung ausgetreten ist oder aus „sonstigen mit dem Rohrsystem der Wasserversorgung verbundenen Einrichtungen“.
Bislang wurden Duschkabinen und Badewannen (als eine dem Duschen dienende Sachgesamtheit) in der Rechtsprechung und der Regulierungspraxis überwiegend als eine solche „sonstige Einrichtung“ angesehen. Denn sie fangen das aus der Duschbrause oder der Badewannenarmatur austretende Leitungswasser auf und führen es über den Ablauf wieder ab. Trat Wasser aus undichten Silikonfugen aus, galt dies somit in den meisten Fällen als ein versichertes Ereignis.
Der BGH erteilte dem nun kürzlich aber eine Absage (Urteil vom 20.10.2021, IV ZR 236/20). Die Duschwanne, die Fugen und die angrenzenden Wände seien nicht als eine einheitliche technische Einrichtung anzusehen. Die Fugen selbst wiesen keine Verbindung mit dem Rohrsystem auf. Der Versicherungsnehmer habe daher keinen Anspruch auf die Versicherungsleistung.
Zwar muss im Einzelfall immer geprüft werden, was im jeweiligen Versicherungsvertrag konkret vereinbart ist. Die Rechtsprechung des BGH dürfte aber auf die allermeisten Leitungswasser-Bedingungen übertragbar sein. Auswirkung dürfte das Urteil zudem auch auf die Fälle haben, in denen das Wasser durch Risse in den Wandfliesen oder Fliesenfugen austritt.
Man kann es kurios finden, dass Schäden versichert sind, wenn das Wasser über den Wannenrand (sonstige Einrichtung) ausläuft, nicht aber wenn es durch undichte Silikonfugen (keine sonstige Einrichtung) austritt, da doch auch die Silikonfuge dazu dient, das Wasser über den Wannenkörper in den Auslauf zu leiten. Dennoch kann sich Ihre Versicherung hier mit Erfolg auf die höchstrichterliche Rechtsprechung berufen und die Leistung ablehnen.
Tipp: Auch bislang schon traf den Versicherungsnehmer die Obliegenheit, die Silikonfugen regelmäßig zu kontrollieren und bei Bedarf zu erneuern, um Wasserschäden – auch im eigenen Interesse – schon im Vorfeld zu vermeiden. Denn bei den Silikonfugen handelt es sich um sog. Wartungsfugen, die nicht ewig halten. Eine grob fahrlässige Verletzung dieser Obliegenheit konnte auch bisher schon zu Leistungskürzungen führen.
Abzuwarten bleibt, ob die Versicherer sich auf das Urteil berufen werden oder Schäden durch undichte Fugen auch weiterhin (freiwillig) regulieren. Einige Versicherer sind auch schon dazu übergegangen, entsprechende Schäden ausdrücklich als versichertes Ereignis aufzunehmen. Da solche Schäden in der Praxis nicht selten vorkommen, bietet es sich an, diese Frage mit der eigenen Versicherung abzuklären, bevor ein entsprechender Schaden eintritt.