2021-12-08 13:15:00 - (Vorsorge-)Vollmachten mit bösen Überraschungen?

(Vorsorge-)Vollmachten mit bösen Überraschungen?
08.12.2021

Rechtsanwalt Josias Schmidt

Situation: Wenn die Eltern ein gewisses Alter erreicht haben und nicht mehr in der Lage sind, ihre Angelegenheiten vollumfänglich selbst zu regeln, übernehmen die Kinder häufig die Abwicklung der alltäglichen Geschäfte und werden hierzu mit Bankvollmachten oder mit einer umfassenden Vorsorgevollmacht ausgestattet. Dies kann im Nachgang zum Streit über die Frage führen, ob von den Vollmachten in pflichtgemäßer Weise Gebrauch gemacht worden ist.

Worauf ist dabei zu achten?

Antwort: Gerade wenn in schwierigen Familienverhältnissen nur einzelne Personen mit Vollmachten ausgestattet worden sind, kommt es beim Versterben der Vollmachtgeber häufig zum Streit darüber, ob der Bevollmächtigte seine Vollmacht nur im Interesse des Vollmachtgebers ausgeübt hat oder etwa sich selbst oder Dritte begünstigt hat. Im Zuge dessen sieht der Bevollmächtigte sich schnell mit einer Vielzahl von Ansprüchen auf Auskunft und Rechnungslegung etc. konfrontiert.

Obwohl es natürlich nicht der Lebensrealität der meisten Menschen entspricht, über die für nahestehende Angehörige geführten Geschäfte Buch zu führen, sollten diese Probleme, insbesondere in bereits streitbefangenen Familien, nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Während man sich bei „normalen“ Bankvollmachten immer die Umstände des Einzelfalls näher ansehen muss, um zu beurteilen, ob mit der Vollmacht solche Pflichten verbunden sind, nimmt die höchstrichterliche Rechtsprechung bei Vorliegen einer umfassenden Vorsorgevollmacht regelmäßig ein Auftragsverhältnis an. Aus einem solchen Rechtsverhältnis folgt nach der Vorschrift des § 666 BGB die Verpflichtung des Auftragnehmers, „dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen“.

Diese Ansprüche sind sehr umfassend und können nach dem Versterben des Auftraggebers auch von dessen Erbe geltend gemacht werden. Ist der Auftragnehmer dann nicht in der Lage, über die von ihm getätigten Geschäfte, insbesondere die Verfügungen über das Konto des Vollmachtgebers, Auskunft zu geben und Rechenschaft abzulegen, besteht die Gefahr, dass er dem Nachlass unbelegte Verfügungen zu ersetzen hat. Da die Verjährungsfrist hinsichtlich dieser Ansprüche in vielen Fällen nicht vor dem Tod des Auftraggebers zu laufen beginnt und auch die Banken in aller Regel Kontoauszüge nur zehn Jahre aufbewahren, kann der Vollmachtnehmer gerade bei längerer Tätigkeit für den Erblasser in erhebliche Beweisschwierigkeiten kommen.

Tipp: Grundsätzlich gilt, dass sämtliche Unterlagen für im Rahmen von Vollmachten ausgeführten Geschäften sorgsam aufzubewahren sind und der Bevollmächtigte sich darüber klar sein muss, dass er insbesondere hinsichtlich größerer Verfügungen stets in der Lage sein sollte, nachzuweisen, was mit den ihm anvertrauten Geldern und Gegenständen geschehen ist. Wird man später mit Ansprüchen auf Auskunft und Rechenschaftslegung konfrontiert, ist fachkundiger Rat unerlässlich. Bereits bei Errichtung einer Vollmacht und damit frühzeitig bietet sich allerdings anwaltlicher Rat an, um spätere unvorhergesehene Komplikationen weitestmöglich zu verhindern bzw. im Blick zu haben.