2021-11-10 10:30:00 - Familienrecht: LEITFADEN für Immobilienbesitzer – Was tun bei Scheidung?

Familienrecht: LEITFADEN für Immobilienbesitzer – Was tun bei Scheidung?
10.11.2021

Rechtsanwältin Isabel Blumberger

Situation: "Wenn Dir was nicht passt, kannst Du ja gehen oder ich schmeiß Dich einfach raus. Das Haus gehört mir!" Solche Sprüche sind am Beginn einer Trennung leider nicht selten.

Frage: Muss man solche Drohgebärden ernst nehmen? Welche Rolle spielt hierbei der Umstand, wem die Ehewohnung gehört und wenn man sich nicht einigen kann, wer das Haus oder die Wohnung zu verlassen hat?

Antwort: Zwar ist der Umstand der Eigentumsverhältnisse nach dem Gesetz "besonders zu berücksichtigen", aber wenn gemeinsame Kinder eine Rolle spielen, geht das Kindeswohl in der Regel dem Umstand der Eigentumsverhältnisse vor. Es kann auch dem Ehegatten, dem die Immobilie nicht gehört, die Immobilie zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden. Stets ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls durchzuführen. Es spielt dabei eine Rolle, wer auf die Ehewohnung besonders angewiesen ist.

Außerdem gilt: Während der Trennungszeit ist der Antrag eines Ehegatten gegen den anderen auf Herausgabe der Ehewohnung unzulässig. Solange eine Immobilie als "Ehewohnung" gilt, ist der Streit um die Nutzung der Immobilie nach der Trennung nach Maßgabe des § 1361b BGB zu klären. Dabei verdrängt die familienrechtliche Sondervorschrift die Rechte des Eigentümer-Ehegatten nach § 985 BGB. Das Argument, die Ehewohnung stehe im Eigentum eines Ehegatten, berechtigt den Ehegatten-Eigentümer nicht, vom anderen Ehegatten die Herausgabe der Immobilie (= Auszug) zu verlangen. Das Eigentumsrecht an der Ehewohnung ist allenfalls ein Abwägungskriterium für die Frage, wer von den Ehegatten die Immobilie nach der Trennung bewohnen darf. Eine Verdrängung der Eigentümerrechte findet allerdings nur statt, soweit der Anwendungsbereich des § 1361b BGB eröffnet ist. Das ist nicht mehr der Fall, wenn die Immobilie nicht (mehr) als Ehewohnung zu qualifizieren ist.

Tipp: Ist die Ehewohnung im Alleineigentum eines oder im Miteigentum beider Ehegatten, stellt sich nach der Trennung die Frage, wie sich das mietfreie Wohnen des im Eigenheim verbleibenden Ehegatten auswirkt. Der Vorteil des mietfreien Wohnens im Eigenheim wird im Unterhaltsrecht als Wohnvorteil berücksichtigt. Kann dieser Wohnvorteil nicht unterhaltsrechtlich erfasst werden, so kann es zu einem Anspruch des ausgezogenen Ehegatten auf Nutzungsentschädigung nach § 1361b Abs. 3 BGB kommen. Der Nutzungsentschädigungsanspruch gilt u. U. auch bei Mietwohnungen.