2021-09-22 09:15:00 - Reiserecht: Entschädigung bei Annullierung von Flügen

Reiserecht: Entschädigung bei Annullierung von Flügen
22.09.2021

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Andreas Mohr

 

Frage: Wir hatten einen Flug nach Spanien gebucht. Leider hat die Fluggesellschaft diesen wenige Tage vor Abflug annulliert und uns auf einen Flug am nächsten Tag umgebucht. Dieser Ersatzflug wurde dann aber ebenfalls annulliert. Können wie für beide Flüge eine Ausgleichsleistung verlangen?

Antwort: Bei (kurzfristiger) Annullierung von Flügen hat der Fluggast nach der europäischen Fluggastrechte-Verordnung in der Regel einen Anspruch auf die sogenannte Ausgleichszahlung. Mit diesem Zahlungsanspruch will der EU-Gesetzgeber auf die Fluggesellschaften Druck ausüben, um Nichtbeförderungen, Annullierungen und Flugverspätungen zu vermeiden, da diese für die Reisenden ein großes Ärgernis darstellen und in der Regel mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden sind. Zugleich soll die Ausgleichszahlung den Fluggast für diese Unannehmlichkeiten entschädigen. Der Höhe nach ist der Anspruch auf die Ausgleichszahlung gestaffelt, und zwar nach Entfernung zwischen dem Start- und dem Zielort des Fluges.

Letztes Jahr hat der EuGH nun entschieden, dass es der Sinn und Zweck der Ausgleichsleistung erfordern, diese auch bei Annullierung (oder großer Verspätung) des Ersatzfluges zu gewähren. Denn Unannehmlichkeiten entstehen dem Reisenden nicht nur mit der Annullierung des ursprünglichen Fluges, sondern zusätzlich auch bei der Annullierung des Ersatzfluges. Daher gewährt die Fluggastrechte-Verordnung dem Fluggast einen Anspruch auf Ausgleichszahlung für jede dieser aufeinanderfolgenden Unannehmlichkeiten.

Als weitere Erwägung führt der EuGH zudem an, dass andernfalls eine Verletzung der Pflichten im Hinblick auf den Ersatzflug für das Luftfahrtunternehmen folgenlos bliebe. Dies würde aber den Anspruch der Fluggäste auf anderweitige Beförderung gefährden und damit dem erklärten Ziel der Verordnung zuwiderlaufen.

Daher könnte Ihnen hier tatsächlich für beide Flüge ein Anspruch auf Ausgleichsleistung zustehen, vorausgesetzt, dass auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.

Tipp: Die Fluggesellschaften versuchen oft, sich auf das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zu berufen. Tatsächlich kann dies dem Anspruch auf eine Ausgleichszahlung entgegenstehen. Allerdings trägt die Airline hierfür die Beweislast. Zudem berufen sich die Fluggesellschaften im Ergebnis oft zu Unrecht auf derartige Umstände. Man sollte sich vom Luftfahrtunternehmen daher nicht vorschnell verunsichern lassen und im Zweifel anwaltlichen Rat einholen.