Rechtsanwalt Ulfert Schönfeld
Frage: Mein Mann und ich sind noch verheiratet, haben uns aber getrennt. Wir haben ein gemeinsames Kind und möchten, dass es bei uns beiden je etwa zur Hälfte der Zeit lebt und von uns beiden auch weiter betreut wird. Jetzt sagte mein Mann, dass ich keinen Kindesunterhalt mehr bekomme, weil wir gleiche Betreuungsanteile haben. Stattdessen müsse ich alle Kosten des Kindes bei mir nun alleine tragen, und das, obwohl er deutlich mehr verdient. Ist das so richtig?
Antwort: Wenn ein Kind nach einer Trennung seiner Eltern in beiden Haushalten maßgeblich wohnt und betreut wird, spricht man bei einem solchen Lebensmodell der Eltern mit dem Kind von einem Wechselmodell. Lebt das Kind zu annähernd gleichen Zeitanteilen bei seinen Eltern, wie bei Ihnen, so spricht man von einem „paritätischen Wechselmodell“. Dieses und der einhergehende Unterhalt sind gesetzlich nicht geregelt.
Wenn beide Eltern in etwa die gleiche Zeit mit dem Kind verbringen, bedeutet das aber nicht automatisch, dass keiner dem anderen mehr zum Kindesunterhalt verpflichtet ist.
Generell gilt, dass ein zeitlich weniger betreuendes Elternteil dem zeitlich mehr betreuenden Elternteil einen vollen Barunterhalt, in der Regel angelehnt an die Düsseldorfer Tabelle, abzüglich der Hälfte des Kindergeldes zahlen muss. Diese recht übliche Verteilung, bei der ein Elternteil den Unterhalt durch Betreuung leistet, der andere Elternteil dagegen Barunterhalt in Geld zahlt, muss gemäß verschiedener Urteile des BGH auch solange nicht in Frage gestellt werden, wie ein Elternteil bei der Betreuung zeitlich deutlich überwiegt.
Bei gleichen Betreuungsanteilen wird nach derzeitiger Rechtsprechung ein etwa zu zahlender Kindesunterhalt zumeist anteilig nach dem Gesamteinkommen beider Eltern bemessen.
Konkret kann dies bedeuten, dass der einkommensstärkere Elternteil einen entsprechend höheren Anteil der gesamten Kosten für das gemeinsame Kind anteilig zu tragen hat. Der Elternteil mit dem geringeren Einkommen hat dann dementsprechend einen Anspruch auf Zahlung eines anteiligen Barunterhalts für die Kosten der Betreuung des Kindes bei sich.
Die genaue Unterhaltsberechnung ist jedoch kompliziert. Ob und wie hoch ein Unterhaltsanspruch besteht, ist nur anhand aller Einkünfte sowie anrechenbarer Ausgaben beider Eltern konkret zu errechnen und kann von weiteren Faktoren abhängig sein, wie z.B. Kindergeldbezug, Steuerklassenwahl sowie bei entfernten wechselnden Umgängen von anfallenden ggf. hohen Fahrtkosten.
Ein Anspruch auf Unterhalt ist jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn Sie beide Ihr Kind zu gleichen Teilen betreuen und gerade dann möglicherweise gegeben, wenn der Kindesvater mehr verdient als Sie.
Tipp: Da die Berechnung eines ausgewogenen und fairen Unterhalts beim paritätischen Wechselmodell komplex ist, ist es sinnvoll, die Unterhaltsberechnung durch einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin vornehmen zu lassen. So kann Ihnen und nötigenfalls auch dem anderen Elternteil die Berechnung näher erläutert werden, um einen Streit über den Kindesunterhalt möglichst zu vermeiden.