2017-01-18 10:15:00 - Vorsorgevollmacht, Bankvollmacht und Rechenschaftspflicht

Vorsorgevollmacht, Bankvollmacht und Rechenschaftspflicht
18.01.2017

Fachanwalt für Erbrecht Prof. Dr. Johannes Gröger, Freiburg

Frage: Ich habe bereits vor Jahren von meiner Mutter eine Vorsorgevollmacht erteilt bekommen. Ebenfalls erhielt ich bezüglich der Konten meiner Mutter auch eine Bankvollmacht. Ich habe mich folglich um meine Mutter gekümmert, und daher auch Geld von ihrem Konto geholt, womit sie ihre täglichen Ausgaben bestreiten konnte. Zusätzlich habe ich natürlich auch - jeweils im Auftrag meiner Mutter - die laufenden Rechnungen vom Konto bezahlt. Nachdem meine Mutter nun verstorben ist, verlangen meine beiden Geschwister jetzt von mir, dass ich vollständig Auskunft und Rechenschaft über alle Verfügungen der letzten Jahre erteile. Bin ich hierzu verpflichtet?

Antwort: Nur die wenigsten Vollmachten enthalten auch Regelungen bezüglich einer Rechenschafts- und Auskunftspflicht, weshalb dieses Thema immer wieder zu Streit führt. Erfahrungsgemäß verlangen genau jene Erben Rechenschaft, die sich zuvor am wenigsten um den Erblasser gekümmert haben. So kann es schnell dazu kommen, dass die sich um den Erblasser kümmernde Person noch zusätzlich mit massiven Rechenschaftspflichten konfrontiert wird. Hinzu kommt, dass diesen Pflichten nachzukommen oftmals überhaupt nicht möglich ist, da einzelne Zahlungen, insbesondere Barabhebungen z. B. zur Bestreitung der täglichen Kleinausgaben, überhaupt nicht belegbar sind.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Erteilung einer Vollmacht zunächst einmal ein sogenanntes Auftragsverhältnis begründet, woraus sich eine Pflicht zur Rechenschaft ergibt. Es ist jedoch anerkannt, dass dann, wenn zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten ein besonderes Vertrauensverhältnis (persönliches Näheverhältnis) besteht, von einem sogenannten Gefälligkeitsverhältnis auszugehen ist, so dass Rechenschaft nicht verlangt werden kann. Hierfür spricht auch vieles, wenn sich zum Beispiel der Vollmachtgeber immer auf dem Bevollmächtigten verlassen hat, ohne Rechenschaft zu verlangen. Die Rechenschaftspflicht lebt jedoch dann wieder auf, wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass der Bevollmächtigte die Vollmacht missbraucht hat. Hier reichen aber bloße Vermutungen nicht aus.

Tipp: Da Vorsorgevollmachten aber auch Bankvollmachten immer mehr an Bedeutung gewinnen, wird das Thema „Rechenschaft“ ebenfalls immer mehr an Bedeutung gewinnen. Es muss daher dringend geraten werden, auch bezüglich dieser Rechenschaftspflichten entsprechende Regelungen zu treffen. Diese Regelungen müssen nicht direkt in der Vorsorgevollmacht getroffen werden, sollten aber schriftlich formuliert sein. So ist zum Beispiel denkbar, dass man die Rechenschaftspflicht immer auf einen gewissen Zeitraum beschränkt, zum Beispiel das letzte Jahr. Es ist auch denkbar, eine Regelung dahingehend zu treffen, dass nur über Verfügungen über einen bestimmten Betrag hinaus Auskunft und Rechenschaft erteilt werden muss. In der Praxis entsteht auch immer wieder Streit, wenn der Erblasser zum Beispiel seinen Kindern oder Enkelkindern Geldbeträge schenkt. Auch hier hilft eine Dokumentation, um Streit zu vermeiden.