2016-09-14 09:45:00 - Der Rechtstipp: Erbrecht: Sozialhilfe und ererbtes „nachträgliches“ Vermögen

Der Rechtstipp: Erbrecht: Sozialhilfe und ererbtes „nachträgliches“ Vermögen
14.09.2016

Frage: Unsere Mutter ist vor fünf Monaten gestorben und hat kein Testament hinterlassen. Da auch unser Vater nicht mehr lebte, sind wir vier Kinder also Erben geworden. Da unsere Mutter seit vielen Jahren Sozialhilfe bezogen hat, haben wir eigentlich nicht damit gerechnet, dass es überhaupt etwas zu erben gibt. Überraschenderweise ist aber doch ein Konto im Ausland aufgetaucht, das wir unter uns aufgeteilt haben. Jetzt haben wir aber vom Sozialamt ein Schreiben erhalten, in dem dieses den Großteil der geleisteten Sozialhilfe von uns zurückverlangt. Was können wir tun?

Antwort: Richtig ist zunächst, dass jeder, der Sozialhilfe in Anspruch nehmen will, zunächst einmal sein eigenes Vermögen zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes einzusetzen hat. Lediglich ein Vermögensfreibetrag von gegenwärtig € 2.600,00 bleibt hiervon verschont. In allen Bescheiden über die Gewährung von Sozialhilfe wird hierauf hingewiesen. Da also offensichtlich falsche Vermögensangaben gemacht wurden, ist zwingend damit zu rechnen, dass diese Bescheide rückwirkend aufgehoben und die gewährte Sozialhilfe insoweit zurückgefordert wird. Diese Rückforderung stellt Schulden der Erblasserin dar, was in der Regel dazu führt, dass das Erbe überschuldet ist. Da die Erben aber zumeist von der Überschuldung zunächst nichts wussten, haben sie das Erbe auch nicht ausgeschlagen, sondern die Sechswochenfrist für die Ausschlagung verstreichen lassen. Dies führt zunächst dazu, dass die Erben uneingeschränkt für die Schulden der Erblasserin, also auch die Schulden gegenüber dem Staat haften.

Ein Ausweg aus dieser „Haftungsfalle“ ist jedoch möglich, wenn unmittelbar nach Kenntnis der Überschuldung die ausdrückliche oder stillschweigende Annahme der Erbschaft wegen Irrtums angefochten und gleichzeitig mit dieser Anfechtung auch die Ausschlagung der Erbschaft erklärt wird. Diese Erklärungen müssen gegenüber dem Nachlassgericht und mittels notariell beglaubigter Unterschrift abgegeben werden (Mindestgebühr € 20,00). Natürlich muss (auch) in diesem Fall das bereits „verteilte Erbe“ herausgegeben werden.

Hinweis: Sind bei dem das Erbe ausschlagenden Kind eigene Abkömmlinge (Kinder) vorhanden, so werden diese durch die Ausschlagung nunmehr gesetzliche Erben. Die Erbschaft ist also nun zusätzlich auch von diesen auszuschlagen, um eine Haftung der eigenen Kinder zu vermeiden.

Größte Vorsicht ist immer dann geraten, wenn bekannt ist, dass der Erblasser Sozialhilfe in Anspruch genommen hatte und trotzdem „Vermögen auftaucht“. Das Sozialamt wird in der Regel ein Ermittlungsverfahren gegen alle Beteiligten einleiten, da der Sozialhilfebetrug schon längst kein Kavaliersdelikt mehr ist. Ein solches Ermittlungsverfahren, ggf. mit einer Hausdurchsuchung und Beschlagnahme, ist nicht nur lästig, sondern kann auch erhebliche Kosten verursachen.