Frage: Mein Mann ist bereits vor vielen Jahren gestorben; ich bin nun auch schon über siebzig. Von den drei Kindern kümmert sich nur meine jüngste Tochter um mich, die mich nahezu täglich versorgt und mich auch, sofern dies nötig werden wird, pflegen wird. Die beiden anderen Kinder wohnen weit weg und haben sich von mir „losgesagt“. Ich überlege nunmehr - auch damit ich die Erbteile der beiden anderen Kinder so gut wie möglich mindere - meiner Tochter bereits jetzt unser Eigenheim zu überschreiben oder es ihr ausdrücklich zu vererben. Was ist der bessere Weg, damit auch mir nichts passieren kann?
Antwort: Wenn Sie Ihr Haus (oder sonstiges Vermögen) zu Lebzeiten an Ihre Tochter übertragen, kommt es vor Allem darauf an, wie lange Sie noch leben. Sind seit der Schenkung mehr als zehn Jahre vergangen, so ist diese Schenkung bei der späteren Aufteilung des Erbes, vor allem aber auch bei der Berechnung etwaiger Pflichtteilsansprüche im Rahmen der so genannten Pflichtteilsergänzung, nicht mehr zu berücksichtigen. Sind zehn Jahre noch nicht vergangen, so vermindert sich der Wert der Anrechnung jährlich um 10 Prozent. Auch für die Berechnung von Schenkungs- bzw. Erbschaftsteuern ist die Zehnjahresfrist von großer Bedeutung, da es alle zehn Jahre erneut die vollen Freibeträge gibt.
Besonderheiten bestehen aber dann, wenn Sie sich den Nießbrauch oder das Wohnrecht an dem Haus vorbehalten. Dann läuft die Zehnjahresfrist nicht, da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass Sie noch die vollen wirtschaftlichen Vorteile des Hauses genießen, quasi also nur die leere Hülle an Ihre Tochter übertragen haben. Ich diesem Fall wird also immer der Wert des Hauses bei der späteren Erbauseinandersetzung mit berücksichtigt, wobei jedoch dieser Wert um die Belastung durch den Nießbrauch gemindert wird. Der Wert eines Nießbrauches oder Wohnrechtes errechnet sich aus der ortsüblichen Miete und der statistischen Lebenserwartung des Nießbrauchsberechtigten. Es ist also im Einzelfall abzuwägen, welche Form der Übertragung zu Lebzeiten der richtige Weg ist. Wollen Sie das Haus erst durch Testament an Ihre Tochter weitergeben, so ist in jedem Fall der volle Wert des Hauses zum Zeitpunkt des Erbfalls zu berücksichtigen. Ggf. kann Ihre Tochter aber einen Ausgleich für Pflegeleistungen verlangen, was im Einzelfall allerdings fast immer zu Streit führt.
Tipp: Bei der Übertragung/Schenkung von Vermögen zu Lebzeiten ist stets auch daran zu denken, dass der Sozialhilfeträger solche Schenkungen zurückverlangen kann, falls nicht ausreichendes sonstiges Vermögen vorhanden ist, um z.B. die Pflegekosten zu bezahlen. Deshalb sollte im Einzelfall auch geprüft werden, ob die Vermögensübertragung nicht zumindest teilweise als „Gegenleistung“ für bereits erbrachte und zukünftige Versorgung- und Pflegeleistungen erfolgen kann.