2016-03-09 12:00:00 - Der Rechtstipp: Erbrecht: Wiederverheiratung nach Berliner Testament

Der Rechtstipp: Erbrecht: Wiederverheiratung nach Berliner Testament
09.03.2016

Frage: Vor einigen Jahren ist mein Ehemann verstorben. Da wir zwei gemeinsame Kinder hatten, haben wir uns in einem Testament wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt. Des weiteren steht in dem Testament, dass unsere gemeinsamen Kinder den Längerlebenden von uns beiden - nunmehr also mich - zu gleichen Teilen beerben sollen. Entgegen meinen ursprünglichen Plänen möchte ich jetzt aber nochmals heiraten. Welche Auswirkungen hat dies auf das alte Testament und das Erbrecht allgemein?

Antwort: Eine unmittelbare Auswirkung auf das ursprüngliche Testament hat die Eingehung einer neuen Ehe zunächst nicht. Dieses bleibt grundsätzlich bestehen. Dennoch ändert sich in erbrechtlicher Hinsicht, dass der „neue“ Ehepartner erb- und damit auch pflichtteilsberechtigt wird. Auf Grund dessen kann das ursprüngliche Testament nunmehr angefochten werden, mit der Konsequenz, dass rückwirkend auf den Tod des vorverstorbenen Ehepartners die gesetzliche Erbfolge eintritt.

Eine solche Anfechtung muss binnen einer Einjahresfrist und unter Beachtung besonderer Formvorschriften erfolgen. Dass hierbei zum Teil wenig wünschenswerte Erbengemeinschaften (z.B. mit noch minderjährigen Kindern) entstehen und der Nachlass natürlich rückwirkend - zum Teil nach Jahren - auch nur schwer feststellbar und neu aufteilbar ist, liegt auf der Hand.

Die Anfechtbarkeit von gemeinschaftlichen Testamenten ist im Übrigen auch dann gegeben, wenn der überlebende Ehepartner ein weiteres Kind zeugt.

Tipp: Um derartige Zufälligkeiten und Schwierigkeiten zu vermeiden, ist bei Ehegattentestamenten generell zu prüfen, ob eine sogenannte Wiederverheiratungsklausel sinnvoll und notwendig ist. Eine solche Klausel kann zum Beispiel die Regelung enthalten, dass die gemeinsamen Kinder im Falle der Wiederverheiratung entweder sofort ihren gesetzlichen Erbteil auf den Tod des Erstversterbenden erhalten oder ein Vermächtnis in Höhe ihres (ursprünglichen) Erbteils angeordnet wird, das erst beim Tod des überlebenden Elternteils fällig wird. Den unterschiedlichsten Gestaltungsmöglichkeiten sind hierbei kaum Grenzen gesetzt; fachkundige Beratung ist folglich unverzichtbar.