Frage: Meine Bausparkasse hat meinen seit mehr als 10 Jahren zuteilungsreifen Bausparvertrag gekündigt. Darf sie das?
Antwort: Bausparkassen kündigen alte Bausparverträge, weil sie hohe Zinsen zahlen müssen. Sind die Bausparverträge voll angespart, dann ist die Bausparsumme erreicht und der Vertragszweck damit erfüllt. Nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt (02.09.2013, 19 U 106/13), des OLG Stuttgart (14.10.2011, 9U 151/11) und des LG Aachen (24.07.2014, 1 O 78/14) dürfen Bausparkassen voll angesparte Verträge kündigen, denn Zweck des Bausparens sei der Erhalt des Bauspardarlehens, welches bei Erreichen der Bausparsumme nicht mehr ausgezahlt werden kann.
Bei noch nicht voll angesparten aber bereits seit 10 Jahren zuteilungsreifen Bausparverträgen ist die Rechtsprechung uneinheitlich. Der Bausparvertrag ist nach einhelliger Meinung als einheitlicher Darlehensvertrag einzuordnen. Die Ansparungen des Bausparers stellen ein Darlehen an die Bausparkasse dar. Die Bausparkasse ist insoweit Darlehensnehmerin. Gleichzeitig ist die Bausparkasse aber vor Zuteilung des Bauspardarlehens auch Darlehensgeberin, so lange bis die Bausparsumme noch nicht voll angespart ist. Die Bausparkasse verpflichtet sich bereits mit Abschluss des Bausparvertrages, das Darlehen wie vereinbart zur Verfügung zu stellen.
Allerdings besteht meiner Ansicht nach in diesem Fällen kein Kündigungsrecht der Bausparkassen nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, da bereits die Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt sind. „Der vollständige Empfang des Darlehens“ ist nicht mit der Zuteilungsreife des Darlehensvertrags gleichzusetzen. - Vgl. hierzu aktuelle Entscheidungen zugunsten der Bausparer: AG Ludwigsburg (07.08.2015, 10 C 1154/15) , nicht rechtskräftig und in II. Instanz; LG Karlsruhe (09.10.2015, 7 O 126/15), LG Stuttgart (12.11.2015, 12 O 100/15). -
Es gibt aber auch Gerichte, die dies anders sehen: aktuelle Entscheidungen zugunsten der Bausparkassen: LG Mainz (28.07.2014, 5 O 1/14), LG Hannover (03.09.2015, 3 O 118/15), LG Osnabrück (21.08.2015, 7 O 545/15), LG Nürnberg-Fürth (17.08.2015, 6 O 1708/15), LG Aachen (19.05.2015, 10 O 404/14).
Hinweis: Sollte Ihnen in einem derartigen Fall gekündigt werden, sollten Sie vorsorglich sofort Widerspruch einlegen und sich anwaltlich beraten lassen.