Frage: Im Mai 2015 ist mein Onkel - verheiratet und kinderlos - verstorben. Im Testament steht, dass er seine jetzige Ehefrau zu seiner Alleinerbin eingesetzt hat. Diese soll aber nur eine sogenannte nichtbefreite Vorerbin sein. Zu seinem Nacherben hat er mich berufen. Welche Rechte habe ich eigentlich als Nacherbe und bleibt von dem Erbe meines Onkels eigentlich irgendwas für mich übrig?
Antwort: Vor- und Nacherbschaft wird immer dann gern angeordnet, wenn der Erblasser zwar zunächst z.B. seinen Ehepartner - während dessen weiterer Lebenszeit - absichern, letztendlich aber sein Vermögen einem anderen Zweck oder einer anderen Person/Personen zuwenden möchte. Ist nichts anderes im Testament bestimmt, unterliegt der Vorerbe strengen gesetzlichen Beschränkungen. So hat der Vorerbe grundsätzlich nur das Recht, das „vorübergehend“ geerbte Vermögen zu nutzen (z.B. Bewohnen des geerbten Hauses) oder die Erträge (z.B. Zinsen) für sich zu verbrauchen. Das Vermögen des Erblassers ist für den Nacherben zu erhalten und muss grundsätzlich auch vom eigenen Vermögen des Vorerben getrennt verwaltet werden. Der Nacherbe hat gegen den Vorerben einen Anspruch auf Erstellung eines vollständigen Nachlassverzeichnisses, damit er feststellen kann, was er eigentlich später erben wird und welches Vermögen der Vorerbe für ihn erhalten muss. Der Nacherbe kann z.B. auch verlangen, dass Wertpapiere hinterlegt werden und Geldvermögen langfristig mündelsicher angelegt wird. Verkauft der Vorerbe einen Gegenstand des Erbes (z.B. ein Fahrzeug des Verstorbenen), so sind die Erlöse (Surrogate) eines solchen Verkaufs wieder dem Vermögen der Vorerbschaft zuzuführen und dürfen nicht vom Vorerben verbraucht werden. Befindet sich Grundbesitz in der Erbschaft, so hat der Nacherbe zudem auch einen Anspruch auf Eintragung eines sog. Nacherbenvermerks im Grundbuch, damit seine Rechte gesichert sind.
Tipp: Ob es wirklich Sinn macht, Vor- und Nacherbschaft anzuordnen oder ob andere Gestaltungsmittel nicht vielleicht besser geeignet sind, sollte im Einzelfall jeweils sehr sorgfältig geprüft werden. So kann es z. B. auch sinnvoll sein, den „ins Auge gefassten Nacherben“ gleich zum Erben zu berufen und dem „eigentlichen Vorerben“ einen Nießbrauch am Erbe einzuräumen. Ggf. lässt sich hierdurch auch Erbschaftsteuer sparen.
Der Erblasser sollte aber auf jeden Fall auch prüfen und entscheiden, ob es nicht Sinn macht, Testamentsvollstreckung anzuordnen, um die sich immer wieder abzeichnenden Streitigkeiten zwischen Vorerben und Nacherben zu vermeiden. Auch hier bieten sich die verschiedensten Gestaltungsmöglichkeiten an.